Heimatkalender August 1996

Die Wassermühle zu Neumühlen

Die bei Boltersen an der Neetze gelegene Wassermühle zu Neumühlen stellt bis in die heutige Zeit aufgrund früherer Besitzverhältnisse eine Besonderheit dar, weil sie kommunalpolitisch zur Gemeinde Neetze gehört.

Die ursprünglich dem Kloster Lüne gehörende Mühle gelangte durch Tausch gegen einen Hof in Eyendorf im Jahre 1330 in den Besitz des Klosters Scharnebeck. Als Inhaber der Mühle wird im Jahre 1443 Heine Moller aus Boltersen genannt (Quelle: Urkundenbuch des Klosters Scharnebeck Nr. 251 und 654).

"Neumühle (Amt Scharnebeck), ein einständiger Hof mit einer Mühle von 2 Grindeln1 an der Neze. Die Landesherrschaft hat ihn 1664 erkauft, nachmals aber für ein Jahrgeld von 120 Thlr.2 und ein Laudemium3 von 10 Thlr. auf Erbenzins ausgetan." (Quelle: Topographisch - historische Beschreibungen, Manecke 1858).

Im 18. Jahrhundert war unter anderem Peter Christoph Burmester Pächter der Mühle. Während seiner Pachtzeit wurde nach mehrfachen Anträgen des Amtes an die Kammer in Hannover die Erbzinsverleihung der Mühle beschlossen, weil das Amt damit die hohen Kosten für die immer wiederkehrenden Unterhaltungsarbeiten der durch häufige Wasserfluten zerstörten Bauwerke sparen wollte. Die Mühle wurde dem damaligen Pächter für ein Laudemium von 12 Rtlr.4 und gegen Zahlung eines Weinkaufs5 von 5 Rtlr. erblich überlassen. Zum Erbzinsgut gehörten außer den Gebäuden 82 Morgen Ackerland, zwei Wiesen, die zusammen vier Fuder Heu einbrachten und eine aus der Teilung der Weidegründe der Mühle zugefallene Abfindung von etwa 80 Morgen.

Im Jahre 1846 hatte die Mühle, die durch zwei Wasserräder getrieben wurde, einen Mahl-, einen Beutel, einen Graupen- und einen Oelgang. Dazu gehörten etwa 194 Morgen Grundbesitz, worunter 36 Morgen unbebauter Heide und etwa 12 Morgen Flugsand waren (Quelle: Erbzinsbrief vom 18.9.1847).

Im 19. Jahrhundert folgte auf den Erbzinsmüller Holm der H. Luhmann als Besitzer. Luhmann jun. verkaufte im Jahre 1925 die Mühle an Christoph Schmidt sen., der den Betrieb dann an die Müller Ahlers, Buck und Hübner verpachtete (Quelle: Alte Mühlen in den Kreisen Lüneburg und Bleckede, Bostelmann).

Christoph Schmidt jun. betrieb als Müllermeister die Mühle von 1946 bis 1959. In diesem Jahr wurde der Betrieb im Rahmen des Mühlenstillegungsprogrammes eingestellt. Nach dem Verkauf der unter Denkmalschutz stehenden Mühle im Jahre 1992 wird die Anlage vom jetzigen Eigentümer Eberhard Lutz in mühevoller Arbeit restauriert. Das staatliche Amt für Wasser und Abfall hat im Jahre 1993 am Neumühlener Neetzewehr eine Anlage (Denil-Paß) mit 19 Aufstiegsbecken für Fische und Kleinlebewesen zur Überwindung der Stauhöhe von 3,80 m bauen lassen.

Über Schadensfälle ist folgendes bekannt: Im Januar 1841 richtete eine Wasserflut große Zerstörungen an der Mühle an. Durch das plötzlich mit ungewöhnlicher Stärke eingetretene Tauwetter führte die Neetze Hochwaser. Das zum Schutz der Mühlenräder gebaute hölzerne Gehäuse wurde von den Fluten und den herantreibenden Eisschollen größtenteils zertrümmert und mit der Strömung fortgerissen. In der Nacht zu Karfreitag des Jahres 1898 brannte die Mühle von Neumühlen ab, die jedoch bald wieder aufgebaut wurde. Nach starkem Tauwetter wurden im Februar 1940 der Um- und Unterbau des großen Mühlenrades durch Eisschollen zerstört und von der Wasserflut fortgerissen. Nach Ausbeserung der Gebäudeschäden wurde das Mühlenrad durch eine Turbine ersetzt, die nicht nur die Mühle trieb, sondern auch noch Strom für den Eigenbedarf und für das öffentliche Netz erzeugte.

1 Grundel: Mahlgang, 2 Thlr.: Taler, 3 Laudemium: Abgabe an den Lehensherrn, 4 Rtlr: Reichstaler, 5 Weinkauf: Draufgabe

Bilder und Text: Otto Kersten, Lüneburg

Postkarte der Wassermühle
Postkarte um 1909

Die Wassermühle zu Neumühlen

Wassermühle Neumühlen
Foto der Mühle aus dem Jahre 1930

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Heimatkalender August 1996, 1. Blatt
Heimatkalender August 1996, 2. Blatt